Der Klettersport ist längst ein Massenphänomen geworden. Klettern ist eine der natürlichsten Bewegungen überhaupt und überzeugt mit vielen positiven gesundheitlichen Effekten.

Viele Jahre lang war Klettern nur etwas für eingefleischte Bergbegeisterte. Doch mittlerweile hat sich Klettern zur echten Trendsportart im Outdoor- und sogar Indoor-Bereich entwickelt wie die unzähligen Kletterhallen hierzulande dokumentieren. Diese Entwicklung ist keineswegs verwunderlich. Denn jedem Menschen wohnt die ureigene Fähigkeit zu klettern inne. Es ist eine der natürlichsten Bewegungen überhaupt. Damit steht Klettern in einer Reihe mit Laufen oder Schwimmen, ganz im Gegensatz beispielsweise zum Training an Geräten. Der Mensch hat den Trieb zu klettern wie es bei Kindern besonders deutlich wird. Denn diese geben ihren Bedürfnissen einfach nach und klettern über Mauern, Gartenzäune und die Bäume hoch. Der Klettertrieb lässt bei vielen Menschen im Alter nach, allerdings nur solange bis man es später wieder mal versucht und erneut vom Klettertrieb gepackt wird.

Klettern kein Risikosport

In den Köpfen vieler Menschen und auch bei Versicherungen gilt Klettern immer noch als Risikosportart. Zu Unrecht. Denn das Unfallrisiko beim Sportklettern ist um ein Zehnfaches geringer als beispielsweise beim Fußball. Dennoch müssen beim Kletttern die Finger bzw. die Hand sowie die Arme und Schultergelenke einiges aushalten. Oftmals hängt das gesamte Körpergewicht daran. Etwa 80 Prozent der kletterspezifischen Beschwerden treten daher an den oberen Extremitäten auf. 50 Prozent davon an Händen und Fingern. Sportverletzungen, die vom Klettern herrühren, betreffen häufig die Ringbänder an den Fingern. Die Mehrzahl der Verletzungen sind allerdings keine akuten Verletzungen, sondern Überlastungsschäden wie Sehnenscheidenentzündungen, Tennis- und Golfer-Ellbogen bzw. Überanspruchungen im Schulterbereich. Das zunehmende Interesse am Klettersport macht auch vor Ärzten nicht halt. Immer mehr Mediziner betreiben selbst diesen schönen Sport.

Viele Kletterer pausieren lieber eine gewisse Zeit als bei Beschwerden den Arzt aufzusuchen. Dabei sollten sie lieber frühzeitig einen Spezialisten konsultieren, rät Dr. Bernhard M. Zahn, selbst kletternder Sportmediziner aus Berlin. Denn hinsichtlich der kletterspezifischen Beschwerden hat die Sportmedizin in den vergangenen Jahren sowohl in der Diagnostik wie in der Behandlung große Fortschritte gemacht. Bei kletternden Jugendlichen kommt es beispielsweise gelegentlich zu Verletzungen der Wachstumsfugen. Doch im Frühstadium sind solche Verletzungen mittels Kernspintomografie gut zu erkennen und leicht zu behandeln. Ein zu spätes medizinisches Eingreifen kann wie so oft fatale Folgen haben und für einen frühzeitigen Verschleiß der Gelenke sorgen.

Einsatz bei psychischen Problemen

Trotz aller möglichen Verletzungsrisiken ist Klettern wie bereits erwähnt eine verhältnismäßig verletzungsarme Sportart. Denn nicht ohne Grund wird Klettern deshalb auch als Therapie von Physiotherapeuten eingesetzt. Klettern beansprucht viele kleine und wichtige Muskeln und arbeitet meist in geschlossenen Muskelfunktionsketten. Es wird dabei statische und dynamische Muskelarbeit kombiniert und es findet eine Schulung der koordinativ anspruchsvollen Bewegungsmuster statt. Günstigerweise kommt es beim Klettern kaum zu einem fehlerhaften Erlernen der Bewegung. Denn die Sportart lässt nur ökonomisch sinnvolle Bewegungen zu. Therapeutisches Klettern, wie es von Physiotherapeuten eingesetzt wird, eignet sich für Skoliosepatienten, zum Beinachsentraining, als Kraftausdauertraining für Knie, Hüft-, Arm- und Schultermuskulatur, zur Verbesserung der Mobilität der Gelenke, bei Morbus Parkinson, Multiple Sklerose und nach Schlaganfällen. Doch nicht nur die körperliche Gesundheit profitiert vom Klettersport. „Klettern stärkt Vertrauen und Selbstvertrauen sowie die Konzentration und Aufmerksamkeit. Es hilft sogar bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen“, beschreibt Dr. Bernhard M. Zahn die positiven psychischen Auswirkungen des Kletterns. Es kann daher auch gezielt bei psychischen Problemen Anwendung finden.